Schmale Radwege und zu wenig Sicherheit: Die Mehrheit der Kommunen in Stormarn schnitt im Fahrradklima-Test 2022 des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC) schlecht ab. Auch Barsbütteler Bürger*innen haben teilgenommen und gaben im Schnitt nur ein ausreichend, die Note 4,1.
Mehr als ein „ausreichend“ gab es auch nicht von Youtuber Daniel Pieper, besser bekannt als „Fahradstadt HH?!“, bei der Vorstellung seiner Videoanalyse von 48-Kilometern Radweg in den vier Barsbütteler Ortsteilen am vergangenen Freitag im Bürgerhaus. Der Produzent von über 120 Folgen zum Fahrradfahren in Hamburg hatte die Strecken mit seiner Fahrrad-Dashcam gefilmt. Die Barsbüttel-Radtour ist ab dem 7. Mai 2023 in mehreren Episonden auf Youtube zu sehen. Hier findet ihr die aktuelle Übersicht.
Piepers Urteil: Barsbüttels Infrastruktur schafft Konfliktpotential. Vor allem die vielen roten Straßenmarkierungen an den Überwegen, die suggerieren, es gäbe überall in der Gemeinde straßenbegleitende Radwege. Denn an vielen Stellen und vor allem in den Ortsteilen, müssen die Radler auf die Fahrbahn, weil die ehemaligen gemeinsamen Geh- und Radwege für sie nicht mehr freigegeben sind. Hupen, „erzieherisches Überholen“ und wütende Fingerzeige der Autofahrer „fahr doch auf dem Radweg“, sind an der Tagesordnung.
Diverse Stimmen aus Barsbüttel, eingefangen von Daniel Pieper:
“Warum sperrt man die Hauptstraße nicht in der Mitte. Die Leute fahren alle durch den Ort und nicht außen rum. Es könnte viel ruhiger sein.”
“Es gibt so gut wie keine Fahrradbügel. Wenn ich mit dem Rad los bin suche ich jedes Mal lange wo ich mein Fahrrad hinstellen kann. Ein Auto kann man nicht wegtragen. Mein Rad schon.”
“Mich stört am meisten, dass auf der Hauptstrasse immer noch viel zu schnell langgerast wird. Warum muss da 50 sein?”
“Ich fahre jeden Tag die Hauptstraße in Barsbüttel auf dem Weg zu Arbeit entlang. Durch das ewige Auf und Ab bekommt man Rückenprobleme.”
“Die Verbindungen zwischen den Ortschaften ist einfach zu schlecht. Wir brauchen da gute und breite Radwege.”
“Es wird zu wenig gegen parkende Autos getan, die auf dem Gehweg oder Radweg stehen.”
“Ich wohne in einer Spielstraße. Das finde ich richtig toll. Ich kann meine Kinder einfach raus lassen, ohne Angst vor dem Verkehr vor der Tür zu haben.”
Teils unzulässige Zustände der Angebotsradwege
Pieper kritisiert auch den Zustand der Radwege. Zwischen den Ortsteilen sind sie oft marode, in den Orten zu schmal, das Regelmaß ist 2,5 Meter, und zu dicht an der Fahrbahn. Eigentlich ist ein halber Meter Mindestabstand vorgeschrieben, damit man sich sicher fühlt. Als wäre das nicht genug, stehen viele Schildermasten direkt am Radweg . „Da bleibt man in der Kurve schnell mit dem Lenker hängen“, sagt Pieper.
Direkt vor dem Rathaus findet sich einer der größten Kritikpunkte, hier müssen Fahrradfahrer unvermittelt absteigen. „Die Bushaltestellen sind barrierefrei ausgebaut, das ist sehr gut, nur hat man dabei den Radweg vergessen“, sagt Pieper. Anstatt an der Ampel die Räder sicher auf die Fahrbahn zu führen, sind Schilder aufgestellt, die das Absteigen verlangen. Kommentar einer Zuschauerin: „Wir sollten alle mit dem Rad auf der Hauptstraße fahren, dann gibt es automatisch Tempo 30.“ Die Hauptstraße ist vielen ohnehin zu laut und zu gefährlich.
Positiv bewerten sowohl Daniel Pieper als der ADFC-Fahrradklimatest die für Radfahrer in Gegenrichtung geöffneten Einbahnstraßen (Note 2,2) und die Erreichbarkeit des Stadtzentrums.
Und jetzt? Augen zu und durch?
Die Barsbütteler Grünen haben sich eine bessere Führung des Radverkehrs an den barrierefreie Bushaltestellen auf ihre Agenda geschrieben, ebenso wie Tempo 30 an der Hauptstraße, zumindest an der Kreuzung Am Akku/Soltausredder.
Mehr Fahrradbügel im Ort, eine Instandsetzung und Verbreiterung der Radwege und der lückenlose Anschluss aller Ortsteile durch eine sichere Radinfrastruktur sind weitere Ziele. Grünen Fraktionschefin Angela Tsagkalidis sagt: „Jedes Rad entlastet die Infrastruktur und spart der Gemeinde bares Geld, weil dann weniger Autos Abrieb und Abnutzung verursachen, von Lärm und Emissionen ganz abgesehen.“
“Ich würde gerne mehr mit dem Rad machen, aber ohne Radwege wird man von Autofahrern immer so bedrängt.”
“Wenn ich auf dem Radweg an der Hauptstrasse fahre, bin ich so nah an den Autos. Das ist total unangenehm.”
“Wenn ich von Stellau nach Stemwarde möchte, fühle ich mich mit dem Rad unsicher ohne Radweg. Dann lasse ich mich mit dem Auto fahren.”
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